Karibische Handwerkskunst trifft auf komplexe Destillationsverfahren
Bevor unser Rum die Form, Farbe und Qualität aufweist, die Sie geschmacklich und gegen untergehendes Sonnenlicht begutachten können, durchläuft er viele arbeitsintensive und zeitaufwendige Prozesse. Ohne Zuckerrohr kein Rum. Und ohne tropische Temperaturen wie in Lateinamerika oder der Karibik kein Zuckerrohr. Ursprünglich stammt Zuckerrohr aus Ostasien und wird heute in vielen Ländern der Tropen und Subtropen angebaut. Rum wird dabei entweder aus dem frischen Zuckerrohrsaft, der Melasse, einem Nebenprodukt herkömmlicher Zuckerproduktion oder aus dem fertigen Zucker destilliert. Dafür wird der jeweilige Rohstoff in einem ersten Schritt gemaischt und anschließend fermentiert. Die klebrige Masse wird in großen Maischebehältern mit Wasser und Hefe gemischt, während letztere schrittweise dafür sorgt, dass der Zucker in Alkohol umgewandelt wird, bis nach einigen Tagen Garzeit ein Destillat mit geringem Alkoholanteil entsteht. Wie dieses Produkt zu der wertvollen Flüssigkeit weiterverarbeitet wird, die wir Rum nennen, hängt von der Auswahl des Destillationsverfahrens ab. Hierbei wird zwischen Destillation in Pot Stills und in Column Stills unterschieden – Methoden, die sich in der Regel auch in der Namensgebung des Resultats wiederfinden. Die Bezeichnungen Pot Still, Brennkessel oder Brennblase werden in der Regel synonym verwendet. Um die Aromen nicht zu beeinflussen bestehen diese häufig aus Kupfer - die sogenannten copper pots.
Charaktergebend für das Pot-Still-Verfahren ist, dass es diskontinuierlich abläuft, das heißt die gegärte Maische wird in Chargen in den glockenförmigen Kessel gegeben und anschließend in einem Schub (batch) in der Brennblase gekocht. Durch den Schwanenhals, der den Brennkessel mit dem Kondensator verbindet, werden die aufsteigenden Dämpfe weitergeleitet, um am Ende abgekühlt und verflüssigt zu werden, bis eine alkoholhaltige Substanz entsteht. Zwischen den einzelnen Brennvorgängen muss die Brennblase rückstandslos und aufwendig gereinigt werden, bevor die nächste Charge an Maische destilliert wird, was das Pot-Still-Verfahren zu einem aufwendigem und hochwertigen Verfahren macht. Um als Rum deklariert werden zu dürfen, muss das Destillat mindestens einen Alkoholgehalt von 37,5 % Vol. aufweisen. Außerdem besteht die Kunst der Herstellung darin, Schwebstoffe, Fuselöle und Verunreinigungen sorgfältig zu trennen. Hierbei steht und fällt die Qualität mit der Temperatursteuerung, der Sauberkeit der Geräte und einer einwandfreien Maische. Die gesamte Verantwortung für dieses Pot Still Verfahren ruht auf den Schultern der Brennmeister:innen, auch Master Distiller genannt. Die zweite Methode - Column Stills - ist in der Handhabung weniger kompliziert und kostengünstiger, da der zweite Destillationsprozess entfällt und eher von einer kontinuierlichen Destillation die Rede ist. Für die Reifung wird der Rohbrand in Holzfässer abgefüllt. Abhängig von der Holzart und dem Fassungsvolumen sowie der Vorbelegung - meist Bourbon-Fässer aus amerikanischer Weißeiche, die zuvor z. B. Whisky oder Portwein beherbergten, verändert sich die Geschmacksrichtung des Rums. Auch die tropischen Temperaturen spielen mit ihrer hohen Luftfeuchtigkeit eine Rolle und tragen dazu bei, dass das Destillat zügig und intensiv reift. Gleichermaßen innovativ wie kreativ, experimentieren Rumhersteller:innen heutzutage mit unterschiedlichen Fasstypen und Methoden zur Nachreifung. In einem finalen Schritt vor dem Befallen der edlen Flaschen erfolgt noch das Blending, ein Prozess, bei dem die Inhalte unterschiedlicher Fässer zu der gewünschten Kombination komponiert werden.